Das Ereignis der Saison… 2/2

Bewaffneter Raubüberfall auf B.

vom 21. Februar 2019

Fortsetzung von Seite 1/2

Es geht hier um eine Kriminalstory, die das landesübliche Ausmass übertrifft.

Noch in der Tatnacht verfasste ich einen sachlichen, aber nicht humorlosen Bericht, den ich unter der süffisanten Überschrift “Neues im Hause B.” an Verwandte, Mitarbeiter und die Besucher des Folgetages  versandte… hier ist er, nur leicht verbessert bzw. ergänzt:

Die tatsächliche Waffe war ebenfalls schwarz, der Lauf kam B. aber länger vor. Ob geladen oder nicht konnte B. nicht überprüfen.

 

Am 21. Februar fuhr B. gegen Abend eigens nach Zürich, und irgendwann kurz vor oder um 19:00 Uhr klingelte es. Auf der Gegensprechanlage konnte man einen (von zwei) unauffälligen Herren sehen, mit einer Baseballmütze, dünner Lederweste, Jeans, Handschuhe. B. begrüsste die Herren wie gewohnt auf dem Treppenabsatz im 1. Stock und bat sie mit einer ausladenden Geste in seine Amtsgemächer.

Es war schon etwas eigenartig dass der zweite bei der Begrüssung seine Schlägermütze etwas gar tief heruntergezogen hatte und B. nicht anschaute, so dass dieser sein Gesicht nicht einmal richtig sehen konnte.

Kaum war die Tür hinter mir zu, und die Herren standen auf dem Wohnzimmerteppich, da wurde B. von hinten an beiden Armen ergriffen und spürte den kühlen Lauf eines schwarzen Revolvers rechts an den Rippen.

Gleichzeitig kam die Frage: “Wo isch Tresor?”

So hat es sich B. den ersten Kontakt mit den neuen Kunden nicht vorgestellt, obwohl er an sich weitherum den Ruf geniesst, eine schwäche für kaltes Metall zu haben. Aber eher für Gold denn für Stahl.

B. äusserte sein Missfallen, ergriff ungeniert den lauf des Revolvers – uh, kaltes Eisen, kein Spielzeug – und drängte sie sanft aber bestimmt von seinem Rumpf weg, mit den Worten “Tönd sie das äwägg do”.

Hier der Tatort und ein Phantombild des einen Täters…

Zu deren Missvergnügen beschied B. den Herren, dass er leider ziemlich verarmt sei und sozusagen keine Barmittel mehr im Hause verwahre. Die wollten nun beim besten willen nicht glauben, eine Niete gezogen zu haben. Naja, ganz so verarmt ist B. vielleicht doch wieder nicht, aber leider hat er seine Mittel sicher im Bankwesen deponiert. Alles andere wäre ja, sagt er, schlicht zu gefährlich heutzutage, wie das aktuelle Beispiel zeige

B. wurde an den Armen festgehalten, und wenn er sich umwandte, um die Fragen der Herren zu beantworten, so waren diese streng dagegen, dass er ihnen ins Gesicht sehe. Nein, er besitze nur zwei Portemonnaies, eines für seine Aufenthalte in der EU und eines für die Schweiz.

Nun wurde B. in die Gästetoilette gedrängt, wo er in die Ecke zu schauen hatte, wie ein böser Schuljunge. Die Tür blieb einen Spalt offen, davor hielt einer der Herren Wache.

Der andere durchwühlte derweilen B.’s Schreibtisch, fand die Geldbörsen und entnahm sämtliche Banknoten, aber die Münzen, auch diejenigen in der obersten Schreibtischschublade, fanden kein Interesse, und die eigentliche Banknoten-Hauptkasse war schon immer so platziert, dass sie nicht gerade einfach so ohne weiteres ins Auge fällt.

Das unmittelbar neben dem Schreibtisch ein hübscher dunkelblauer kleiner Tresor steht, wurde nicht einmal bemerkt, obwohl das Zimmer in Erwartung würdigen Besuches in absoluter Festbeleuchtung erstrahlte.

Nein, ein wirklicher Tresor ist nicht vorhanden, aber B. verwahrt ein klein wenig Bargeld im Keller. Das gefiel nun aber gar nicht, denn die Herren wollten nicht im Haus spazieren gehen, wie sie wörtlich sagten. Das ist nachvollziehbar, denn wenn uns irgendein Mitbewohner sieht, B. wie immer mit frohgelaunter Miene, aber hinter sich zwei bewaffnete Unbekannte, hätte das möglicherweise einen schlechten Eindruck auf meine Nachbarn gemacht.

Die Herren legten nun einen drauf, denn ihr Interesse an irgendwelchen Tresoren war und blieb ungebrochen. Sie drückten B. mal wieder zum Spass die Smith & Wesson an die Rippen und fesselten B.’s Hände mit Kabelbindern auf den Rücken – und nötigten ihn weiterhin, in der Gästetoilette auszuharren. B. überlegte sich, ober einen Ohnmachtsanfall oder so was vortäuschen solle, aber da wäre er möglicherweise mit einem unsanften Tritt in die Eier wieder geweckt worden.

An dieser Stelle bereute B., nie Schauspielunterricht genommen zu haben.

Der Abend verlief, so gesehen, etwas unerwartet. Obwohl B. grundsätzlich ein eher hektisch und nervös wirkender Mensch ist, gibt es Dinge, die regen ihn überhaupt nicht auf. Raubüberfälle, zum Beispiel. Einmal ist das erste Mal im Leben. Eine stoische Weltanschauung hat ihre Vorteile.

B. blieb zwar höflich, zeigte aber eine gewisse Unlust und Ungeduld ob der Störung seines Feierabends, und er liess das seine ungebetenen Gäste spüren. Von Angst und Zittern oder gar einem Betteln und Winseln um das eigene Leben, kann nicht die Rede sein. Mit 61 1/2 Jahren B. ja gar nicht mehr so viel zu verlieren wie ein jüngerer. Möglicherweise hat B.’s kalkulierte Unfreundlichkeit bei gleichzeitiger, wenn auch materiell begrenzter Hilfsbereitschaft, vermutlich dazu beigetragen, die Dinge im weiteren Verlauf zum Guten zu wenden. Soviel vorweg.

B. hockte sich inzwischen gemütlich (?) auf die Toilette (Deckel zu)  und dachte darüber nach, wie er die Kabelbinder loswerden könnte. Ist man vorne gefesselt,  gibt’s da einen Trick, aber dem war nicht so. Oder ob er, wenn er beispielsweise im richtigen Raum wäre, seinen eigenen Revolver zücken und diesen offenkundigen Waffennarren eine richtige Freude bereiten könnte, so mit schiessen aus der Hinterhand mit auf den Rücken gebundenen Händen. Zumindest der Überraschungseffekt hätte Staunen hervorgerufen. Für Träume im Stil von “B. als John Wayne” war aber keine Zeit. B. musste aufmerksam bleiben.

Stattdessen kamen die ungebetenen Gäste wieder einmal in die Toilette und hielten B. ihren schwarzen Revolver an die Milz. Etwas klügeres als die ständige Frage nach einem Tresor fiel Ihnen aber auch diesmal nicht ein.

B., von Haus aus immer freundlich und bereit, Mitmenschen in Not nach Kräften zu unterstützen, wollte weiterhin Zeit mit einem Kellerbesuch gewinnen, allenfalls hätten sich die Gäste dann dort mit Rotwein voll gesoffen, das wären nicht die ersten gewesen. Nein, seine Tresore seien allesamt furchtbar leer und enthielten nur Dossiers. Aber wer den horror vacui (vor allem den Anblick  vor leeren Safes) nicht kennt und sich ihn nicht vorstellen kann, der muss eben fühlen. Also geleitete der gefesselte B. seine Gäste in das Sekretariat, wo diese auf seine Anweisung hin eine Kommodentür öffneten und dahinter tatsächlich einen hübschen Tresor entdeckten. Gottseidank war dieser abgesperrt, denn hin und wieder wird er versehentlich offen gelassen weil er tatsächlich nichts wertvolles enthält. Das wäre dann unglaubwürdig rüber gekommen und hätte die Gäste sicherlich enttäuscht. Nur was versperrt ist, verbirgt auch was wertvolles.

Nun kommt die Frage nach der Zahlenkombination. B. sprach kluge Worte, so im Stil von “Edel sei der Mensch, hilfreich und gut”, was aber überhaupt nicht gut ankam, denn die Herren fühlten sich durch den Spruch auf die Schippe genommen und kapierten nicht ohne weiteres, dass vielleicht das E von “Edel”auf der Tastatur der Zahl 2 entspricht und so weiter… Erst einmal musste man mehr Licht machen, um überhaupt die Tastatur zu sehen, dann drückte der Klügere von den beiden das geistvolle Passwort auf die Tastatur und siehe da, nach dem zweiten Versuch – Sesam, öffne dich –  fanden sich, wie von B. angekündigt, lediglich geheimnisvolle Akten, die nach Wertsachen durchsucht und anstandslos wieder ordentlich in den Tresor zurückgelegt wurden. Die schlossen doch tatsächlich die Tresortür wieder brav ab, so ordnungsliebende Leute sieht man doch immer wieder gerne.

Tja, B. hat nun mal den Ruf ein reicher Mann zu sein, aber das war in besseren Zeiten und so gilt was schon Gorbatschow sagte:

Wer zu spät kommt, und sei es als Räuber, den bestraft das Leben.

Erneut bietet B. in völliger Gelassenheit und Freundlichkeit eine kleine Kellerführung an. In einer Schublade verwahre er dort die nicht unbeträchtliche Summe von circa CHF 750 (ja, siebenhundertundfünfzig), mehr sei beim besten Willen so kurzfristig nicht aufzutreiben.

Doch als sei erneuter Vorschlag nicht auf das gewünschte Gehör stiess, wollte er beweisen, dass in der Büroetage ohnehin wirklich nichts zu holen sei, auch der zweite Tresor sei leider Gottes leer. Peinlich, den Tresor hat B. schon so lange nicht mehr aufgemacht, dass die Batterien ausgelaufen waren und die Herren so nicht in den Genuss von circa CHF 250 zuzüglich einer absichtlich dort gelagerten Sammlung von Banknoten-Banderolen kamen. Damit gedenkt B. nämlich, ungebetenen Besuchern seinen einstigen Reichtum anschaulich vor Augen zu führen, und sie gleichzeitig mit der bitteren Realität vertraut zu machen.

Zwischendurch kam man auf die Idee, die schweren Nachtvorhänge zu ziehen. Räuberei kennt Diskretion; fast wie Banker.

Als liebenswürdiger ältere Herr wollte er jedoch seine Gäste nicht mit leeren Händen ziehen lassen, denn es zahlt sich immer aus, durch Grosszügigkeit Freunde zu gewinnen. Zumal bei Räubern möge man stets bedenken, dass diese einen gewissen Gesichtsverlust vor sich selbst erleiden, wenn sie durch den Besitzwillen eines Geizhalses gezwungen sind, ein ungastliches Haus mit leeren Händen zu verlassen.

Also verwies er die Herren auf eine kleinere Banknotensammlung irgendwo in Nähe seines Schreibtisches, wo diese eine Summe von rund Fr. 3.000 behändigten. Natürlich schämte sich B. ungemein, dass etwa die Hälfte davon nur  minderwertige Euro waren, sowie etwa sechs oder sieben Kuverts mit geringen Beträgen an verfluchten Exotenwährungen, wie Brexit-Pfund, türkischen Lira und anderes Gerümpel. B. hätte diese schon lange aus dem Hause tragen oder entsorgen wollen, ist aber dankbar, dass Sie nunmehr abgeholt wurden und offensichtlich die Situation günstig beeinflussten.

Nachdem B. erneut seine Gästetoilette inspizieren musste und die Herren in seinen Sachen herumwühlten, spürte er bereits instinktiv, dass diesem langsam klar wurde, dass sie besser die Nationalbank überfallen hätten.

Dann kamen sie aber herein, und befahlen B. in die Knie zu gehen. B. fand diese Idee, die ihn an das Vorspiel zu einem Genickschuss erinnerte, irgendwie eigenartig, denn er wusste nicht was ihm da bevorstand, aber an sein letztes Stündchen wollte er dennnoch nicht so recht glauben.

Er maulte vernehmlich, liess sich aber schliesslich gewaltlos überzeugen und siehe da, das Leben geht weiter, den B.s nach wie vor auf den Rücken gefesselte Hände wurde nun mit einem weiteren Kabelbinder schlecht am Siphon des Waschbeckens befestigt. Da kauerte B. nun in gebückter Haltung rücklings zum Trog, wie ein Kriegsgefangener am Säulenfuss eines Heldendenkmals.

Die Suchereien im Hause gehen weiter, doch B. gelingt es unglaublicherweise mit einer einzigen, nicht einmal besonders kräftigen Bewegung, den Kabelbinder am Syphon zu lösen. Arglistig wie weiland Odysseus ruft er nun aber nicht, sie mögen doch wiederkommen um ihn erneut und diesmal doch bitte besser anbinden, sondern kauert weiterhin vor dem Waschbecken, als ob er noch daran gefesselt wäre.

Immer wieder guckte der eine herein, aber B. vermeint instinktiv zu spüren, dass die Herren ihren anfangs festen Glauben an den materiellen Glanz des Hauses B. sukzessive verloren haben.

Die Gäste erklärten schliesslich, sie wollten sich nun doch im Keller umsehen, aber ohne B. Das ist ein gutes Omen, denn sie Fragen nicht einmal, welches den B.s Kellerabteil sei.

Er möge sich einstweilen ruhig verhalten, wenn er Rabatz mache, würden sie sogleich wiederkommen. Sie schlossen die Klotür, und zumindest einer verliess die Wohnung und schloss – soweit erinnerlich – auch die Wohnungstür hinter sich, womit sie sich den Rückweg in die Wohnung verbauten…. Da auch der andere nicht mehr hörbar war, schien es so, als ob beide gleichzeitig in den Keller gegangen wären, in dem sicheren glauben, B. gut an das Lavabo gefesselt zu haben.

Da erhob sich der Gastgeber, schritt beschwingt zur Wohnungstür und konnte diese trotz seiner Fesselung mit dem zweiten Schloss verriegeln. Die Tür hat B. vor langer Zeit gut verstärken lassen, so dass er sich nun schon in ziemlicher Sicherheit fühlen durfte.

Ein Wellschliff-Küchenmesserchen aus einer Schublade zu nehmen ist gefesselt nicht möglich vor allem wenn diese nicht ganz vorne in der Schublade liegen.

Dann besser erst mal die Polizei aufbieten.

Eine Telefonnummer wählen mit auf den Rücken gefesselten Händen ist nicht jedermanns Sache, B. Ist ja nicht Houdini. Aber das Telefon auf dem Schreibtisch war sowieso nicht mehr erleuchtet, also irgendwie ausser Gefecht gesetzt [später zeigte sich, dass sämtliche Kabel durchschnitten waren]. Das Gerät in der Küche hingegen, übrigens auch dasjenige auf der anderen Seite des Schreibtisches selbst (!) und am Leseplatz hatten die ortsunkundigen Gäste ebenfalls übersehen. So ein armer Räuber leidet halt unter Stress, dafür muss man als Opfer schon  Verständnis aufbringen.

Aja, das Mobile hatten sie B. (erst) anlässlich der Fesselung abgenommen, nun fand sich das teure Ding U-förmig verbogen auf dem Divan, man sah in seine Eingeweide, und einige Handy-Splitter lagen umher.

B. musste also mit den Zähnen in das Küchentelefon beissen, wie ein Hund in einen Knochen, um das Standgerät so an den Rand der Kombüse zu bringen, dass er es ergreifen und die Nummer 117 wählen konnte. Auch konnte er es nicht schön an den Mund halten sondern musste einfach relativ laut der Polizistin schildern, was vorgefallen sei, Hallo, Überfall in der Gerechtigkeitsgasse 25 , Täter möglicherweise noch im Haus, man möge sich beeilen. Fertig.

Das war um 19:20 Uhr, rund 20 Minuten nach dem Beginn des Abenteuers.

Alsdann gelang es B., ein Messerchen vom magnetischen Küchenbrett zu nehmen und tatsächlich, nur mit einer kleinen Schnittwunde am linken Handgelenk, konnte er sich befreien.

 

Duchgeschnittene Telefonkabel…

…leere Geldbörsen, aber alle Karten sind da.

 

Rund um den Schreibtisch etwas Unordnung, aber nicht schlimm. Ausgerechnet im Altpapier (!) hatten die nach Geld gesucht und ersters herumgestreut.  Meine beiden Portemonnaies lagen leer, ohne Kreditkarten und Ausweise, auf dem Boden [nö, anderntags sah B., das waren zwei Börsen, die leer in der Schublage gelegen hatten, die Ausweise waren alle noch da; so rücksichtsvolle Besucher hat doch jeder gern].

Grad ungebetenen Gästen im Treppenhaus zu begegnen, war jedoch weiterhin nicht angestrebt, bei Dunkelheit bleibt unsereins doch gern zu Hause, aber alsbald erschien die Polizei, zwei ausgesprochen fesche und fitte junge Damen und ein nettes Mannsbild. Der Landessitte gemäss wurde B. als erstes gefragt, ob er seelische Betreuung benötige. Eine neue Erfahrung: kein freundlicher Händedruck, denn die Spurensicherung will ja nicht die Gene der jungen Damen, sondern diejenigen der Räuber an meinen Händen finden.

Es wurden einige Sofortmassnahmen eingeleitet, insbesondere Angaben für die sofortige Fahndung übermittelt, der Tatort wurde erst vom Spezialisten von der Spurensicherung betreten, der bald eintraf. B. genoss inzwischen einen doppelten Espresso im unteren Stock. Wichtig war, dass er eigentlich versehentlich die Hände nicht wusch, denn von diesen, zuerst von den Handgelenken, dann Handflächen, Handrücken, Fingernägeln, wurden nun allerlei Proben mit Wattestäbchen genommen. Sein Flanellhemd hat B gleich als Ganzes in einer Papiertüte abgegeben, währenddem Hosen und Schuhe in diesem Zusammenhang weniger ergiebig sind. Auch wenn die Täter Handschuhe trugen, bestehen dennoch sehr gute Aussichten, verwertbares Beweismaterial zu sichern.

Danach wurde die ganze Etage Raum für Raum gründlich fotografiert und es wurden allerhand Spuren gesichert. Die eigentlichen Polizisten verabschiedeten sich, der nette Kollege von der Spurensicherung fuhr B. nach getaner Arbeit zur Kantonspolizei, wo ein Protokoll verfasst wurde. Schliesslich wurde B. freundlicherweise mit einem Polizeibus zurück gefahren, so gegen 1:00 Uhr morgens.

Genial, die naheliegende Synagoge gehört zu den wenigen Grundstücken, deren Eigentümern es erlaubt ist, auch öffentlichen Grund mit Überwachungskameras zu bestreichen. Meine Gäste sind voll Filmstars geworden, fast wie der junge Wolkenbruch… schon kurze Zeit nach der Anfrage ebendort liegt der Polizei die Aufzeichnung von dem regen Kommen und Gehen im Hause B. vor.

Nun, da ich diesen Bericht (Rohfassung) verfasst (eigentlich: in das iPad diktiert) habe, ist es 2:40 Uhr – dass ich hierzu im Stande bin zeigt, dass ich mich tatsächlich durchaus wohl fühle.

Kein Grund zur Panik also, ich bin total o. k., und eigentlich einmal mehr erstaunt, wie gut ich mit heiklen Situationen umgehen kann, wo mich doch sonst Kleinigkeiten durchaus in Rage versetzen können…

Da ich diese Story nun in den nächsten Tagen nicht 1000 mal erzählen möchte, habe ich sie gleich mal in schriftliche Form gefasst… solange die Erinnerung noch frisch ist.

Herzliche Grüsse, Ivo B.

Altpapier statt Wertpapiere…

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Das Ereignis der Saison… 1/2

Das Ereignis der Saison… 1/2

Hier kommt nun mal eine echte knallharte Story von B.

Sie beginnt unspektakulär, um nicht zu sagen langweilig.

Erst mal Teil 1 von 2 in Gelassenheit zur Kenntnis nehmen:

Am 19. Februar rief mich ein freundlicher, sehr gut deutschschweizerisch sprechender Secondo namens Lavarini an, ein Freund von ihm wolle sein Vermögen in der Schweiz sicher anlegen – Italiener, mit reichlichen Ersparnissen und einer frischen Erbschaft – und suche einen guten Vermögensverwalter. Dabei habe ich ihm die Firma IJB Family Office AG den besten Eindruck gemacht, weshalb man mich kennen lernen wolle. Kein Wunder bei der Palastarchitektur, die B. auf seiner Homepage zeigt.

Allsogleich verabredeten wir uns auf Donnerstag, und weil der Italiener erst gegen Abend einträfe, wurde ich gefragt, ob wir uns nicht allenfalls auch erst am Abend sehen könnten. Junggeselle B., ledig aller familiären Verpflichtungen, sagte gerne zu, denn die ganze Geschichte klang durch aus anhörenswert. Das sympathische Telefonat wurde im übrigen aufgezeichnet, was eine gute Idee war.

(Rotes Feld anklicken, warten, sorry, es zieht sich ein wenig,
aber es lohnt sich, wegen dem was danach folgt)

Erst mal das Audiofile – zumindest teilweise-  anhören, was der liebe Herr Lavarini so ankündigt.

Ein gutes Gespräch, nicht wahr…

Nun mal eine kleine Meinungsumfrage:

Was spricht dafür, was dagegen, diesen Herrn und seinen Freund in der Freizeit zu empfangen:

  1. ja, sympathsicher Auftritt, spricht nichts dagegen. Vielleicht lernt man so Berlusconi oder einen Kardinal kennen…
  2. nein, die Freizeit ist mir heilig. Die sollen sich an die Bürozeiten halten, auch wenn sie noch so reich sind…
  3. Lavarini kommt von “lafern”, gem. Duden schwyzertütsch für daherreden, plappern, quatschen…

Bitte sich zu merken: was hätten Sie/hättest du getan?

…dann mal sehen wie es weitergeht, hier oder auf das Bild klicken…

Denkfehler bei Zweckvermögen

Denkfehler bei Zweckvermögen

Der typische historisch gewohnte Zinssatz, etwa im schweizerischen Obligationenrecht, beträgt 5 % pro Jahr. Hypothekar- und Staatsanleihezinsen haben in der Vergangenheit meist zwischen 3,5 und 6,5 % geschwankt.

Darauf basierend kommt es in der Praxis oft vor, dass eine Vermögensmasse so angelegt werden soll, dass die Zinsen und Dividenden für laufende Ausschüttungen (also für die Förderung des Stiftungzweckes, wie gute Werke, oder auch schlicht für die Lebenshaltungskosten begünstigter Personen) verwendet werden sollen, währenddem das eigentliche Kapital erhalten bleiben sollte.

 

 

Man geniesst die Früchte und lässt den Baum stehen.
Das ist zumindest die fromme Absicht.

Damit wird schon der erste grosse Fehler begangen, denn die Inflation in der Wirtschaftsboomzeit etwa ab den 60er-Jahren bis in die 90er- hinein wurde generell nirgends berücksichtigt.

Hat eine Vermögensmasse, wie allgemein üblich, stets den Nominalertrag und nicht den Realzins ausgeschüttet, unterlag das Kapital voll der Inflation.

Von der ursprünglich gewünschten Kapitalerhaltung kann dann nicht mehr die Rede sein…

 

Beispiel

Vermögen 100.000, Couponertrag 5%, daher Ausschüttung 5 %, Nichtbeachtung von 3 % Inflation – so liegt das reale Vermögen im nächsten Jahr bei 97.000.

Um die Kaufkraft des Vermögens zu erhalten, hätte man nur 2 % ausschütten dürfen.

 

Eine Volkswirtschaft kann mittel- bis langfristig nur einen Realzins von ungefähr 2 % verkraften, in der Praxis liegt er jedoch regelmässig tiefer, so auch derzeit, bei der heutigen riesigen Schuldenlast würde das System unter zu hohen Realzinsen zusammenbrechen. Lediglich bei einem hohen realen Wirtschaftswachstum kann auch ein hoher Realzins erzielt werden, so etwa ca. 1870 – 1890.

Die amtlichen Zahlen betreffend Konsumentenpreisindex sind zudem bekanntlich mit Vorsicht zu geniessen, da sie aus politischen Gründen vielerorts manipuliert werden.

Der Zinsertrag unterliegt zudem oft der Kapitalertragsbesteuerung, z.B. 27,5% in Österreich oder der schweizerischen Verrechnungssteuer von 35%. So wird im Endeffekt allen Ernstes die Inflationsrate als Einkommen besteuert.

 

Der nächste große Fehler besteht in der Versuchung, möglichst ertragreiche Anlagen zu tätigen, welche regelmäßig ein im gleichen Maße erhöhtes Risiko beinhalten, denn meistens  bewertet der Markt das Risiko adäquat – insbesondere auf längere Sicht.

So wurden Ende der 70er-Jahre volkswirtschaftlich ungebildeten Anlegern  14 %ige australische  Bonds aufgedrängt, und prompt hat sich dann die Währung in Kürze in größerem Masse als der Mehrtrag gegenüber einer europäischen Anlage abgewertet. Im Endeeffekt konnten so aber satte 14 % ausgeschüttet werden, obwohl in Wahrheit kurz darauf ein Währungsverlust (zuzüglich eines Inflationsverlustes in der Heimatwährung) erzielt worden waren.

Es ist zwar eine volkswirtschaftliche Gesetzmässigkeit, dass die Währung eines Hochzinslandes mittelfristg abwertet und umgekehrt (etwa der niedrigverzinste Schweizerfranken steigt) – dennoch wird diese alte Erkenntnis gerne verdrängt, bis die Stunde der Wahrheit schlägt.

Begünstigte von Stiftungen neigen leider regelmässig dazu, die Zuständigen zu hoch verzinsten Anlagen zu bewegen, die dann womöglich in einem Fiasko enden.

Auf der anderen Seite werden ewigwährende Anlagen wie zum Beispiel Gold infolge seiner Zinslosigkeit gerne ganz bewusst vernachlässigt, um möglichst hohe Ausschüttungen zu ermöglichen.

 

Die hohe Anleihen-Rendite von 14-16% (oben) rächte sich mit einem Kursverlust von ca. 160 auf 100 (unten, ganz links, 1984)

Wird das Vermögen in stark schwankenden Anlagen, beispielsweise Aktien, angelegt so setzt man die Empfänger der Leistungen den Launen der Börse aus.

Hier ist die Gefahr gegeben, dass man noch gar nicht realisierte Gewinne ausschüttet, die sich beim nächsten Crash in Luft auflösen.

Dürfen hingegen satzungsgemäss nur realisierte Gewinne ausgeschüttet werden, so so führt dies u.U. zum Verkauf guter Anlagen, die man besser behalten hätte.

 

Schon früher war somit dieses Vorgehen, also die Ausschüttung “nur”der Erträge und die vermeintliche Erhaltung des Kapitals, ein einziger grosser Trugschluss und/oder eine Verführung zu unglücklichen Anlage-Entscheidungen. 

Selbstbetrug ist die einzige ethisch vertretbare Form des Betruges . . .

Nun hat sich diese Problematik in den letzten Jahren nochmals massiv verschärft:

Inzwischen liegen die Zinssätze vielerorts bei, manchmal sogar unter Null. Dies war historisch gesehen völlig denkunmöglich, daher hat auch niemand entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Immerhin entfällt wenigstens weitgehend die Besteuerung des inflationsbedingten Scheinertrages.

Andererseits bleibt aber angesichts des +/- Nullergebnisses auch kein nomineller Ertrag übrig, der verteilt werden kann. Somit laufen derzeit viele wohltätige Stiftungen mangels Ertrages völlig auf Grund, zumal nach Abzug der Verwaltungskosten. Dasselbe gilt für privatnützige Stiftungen, deren unglücklich abgefasste Satzungen die Destinatäre in zinsarmen Zeiten verhungern lassen.

 

Also sehen wir, dass ein radikales Umdenken notwendig ist. Ansonsten erfüllen alle diese zweckgebundenen Vermögensmassen ihre Funktion nicht, und das Kapital, zumindest das in Nominalwerten angelegte, fällt irgendwann den Wirren der Zeit zum Opfer. Das kann es ganz einfach nicht gewesen sein.

Wir erkennen, dass, wie oben dargelegt, schon seit jeher in Wahrheit die Stiftungskapitalien angegriffen wurden, und es eigentlich nicht der Sinn und Zweck der gutgemeinten Sache sein kann, dass die Empfänger der Leistungen von der Zinspolitik der Zentralbanken beziehungsweise allfälligen inflationsbedingt hohen Nominalzinsen und/oder der Entwicklung der Börse abhängig sind. Somit ist keine (wünschenswerte) gleichmässige Ausschüttungspolitik möglich.

Es muss also eine andere Lösung als die sture Ertragssausschüttung gefunden werden.

Es ist m.E. absolut sinnvoll, regelmässig (meist jährlich) denselben Prozentsatz des Gesamtvermögens auszuschütten, und zwar gleichgültig, ob das nominelle oder auch das reale Stiftungskapital im Betrachtungszeitraum (i.e. meist im vergangenen Jahr) gestiegen ist oder nicht.

Ich stelle mir vor, dass wir hier von jährlichen Sätzen von 3 – 6 % sprechen, allenfalls auch deutlich mehr.

Es ist ja sinnvoll, ein Vermögen möglichst bald einen guten Zweck zuzuwenden und nicht auf den Jüngsten Tag zu warten – allzu oft haben Kriege oder Krisen Werte zerstört, die man wesentlich sinnstiftender vorher Bedürftigen hätte zukommen lassen können. 

In den meisten Fällen wird es ungefähr richtig sein, jährlich in etwa 6% auszuschütten.

Ich möchte dies allen Zuständigen sehr ans Herz legen.

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