Leseprobe 1, hier eingestellt am 04.10.2024, mal so an einige Freunde verteilt.
Erfreuliche neunzehn ermunternde Echos erhalten – siehe https://www.bechtiger.at/fussnoten/ – vielen Dank!
Ein Elend ist die Laune der ZürcherInnen im Wochenverlauf: Freitagseuphorie, bei den Junggesellen jedenfalls, denn die Verheirateten sehen die allsamstagmorgendliche Pflichtübung mit der einstgeliebten angegrauten Angetrauten vor sich. Das sind Zwinglianer notabene, die tun sich das nur einmal in der Woche an, der aufrechte (sic!) deutsche Ehemann hält sich dahingegen strikt an Martin Luthers Rat «in der Woche zwiir, schadet weder ihm noch ihr».
Also, im Zürich der 1980/90er-Jahre galt für Buben: Freitagabend-Besäufnis, Saturday Night Fever, und dann am Sonntagmorgen, wie der Mathematiker sagt, «die Wurzel aus einer Unbekannten ziehen».
Und wozu soll dann Montag gut sein? Wer in Work-Life -Balance-Kriterien denkt, hört mit ernsthaftem Tun am Mitt-Woch auf, dem Tag über den Papa B. spottete «Mittwoch – heute feiern wir das Fest der Wochenteilung».
Wo bleibt da der angeblich in Geneva/Switzerland entstandene Calvinismus, der das Land reich gemacht hat, wenn es um die Freude an der Arbeit geht?
Montag in der Arbeitswelt ist wie Marigniano in der Geschichte, da ist nämlich in Downtown Zurich generell KaterInnen*stimmung, da beginnt erneut das von den Marxisten beschriebene Arbeitsleid, dann wird wiederum, aber unwillig «in die Hände gespuckt / wir steigern das Bruttosozialprodukt».
B. sah das stets umgekehrt: Freitags war er müde von der anstrengenden Woche, zu Wochenbeginn aber ausgeruht und frohgemut. Er lebte sehr seriös, anfangs.
In dieser gelassenen Stimmung fuhr eines Montagmorgens mit dem 7er-Tram durch die Bahnhofstrasse, vor ihm ein – den Haaren nach zu schliessen – jüngeres Frauenzimmer. Da steigt weiter vorne eine Andere ein, kommt freudig auf diese zu, strahlt über alle vier Backen – zugegeben, B., sah nur die zwei im Gesicht – und ruft euphorisch, in c-dur, «Hoi, ciao, wie häsch?!». Mauzt die andere, in moll, halblaut «mi schissts a». Schlagartig verfinstert sich die Mimik der zugestiegenen, vormals Gutgelaunten, und in tiefstem Bass bringt sie grad nur noch gequält hervor: «mi au!!».
So sind die Mädels hierzulande, in zwei Sekunden von dur auf moll, wechselhaft wie Aprilwetter: «La donna è mobile / qual piuma al vento», so singt B.s grosses Vorbild, der Herzog von Mantua in Verdis Rigoletto, kurz bevor er von einem – von seinem eifersüchtigen potentiellen Schwiegervater gedungenen – Mörder irrtümlich nicht abgestochen wird.