Historisches Manuskript der Erzählungen aus 1001 Nacht
Mustafa Kemal Atatürk stellte sein Land in den Zwanzigerjahren von der schönen aber unzweckmässigen arabischen Schrift auf das lateinische Alphabet um.
Da mussten dann alle nochmals die Schulbank drücken – aber das ist Geschichte, ich habe bisher keinen einzigen unter den gebildeten Türken kennengelernt, der die alte Schrift überhaupt noch lesen kann!
Demnach ist die neue Schrift gelungen, und sie ist in idealer Weise lautmalerisch, besonders für Deutschprachige grandios, besser als Deutsch selber, denn das mühsame SCH wurde ein Ş, das TSCH zum Ç, So wird aus dem langen Schaschlik ein kurzes, klares Şaşlik, und Çevapçiçi müsste man deutsch eigentlich Tschewaptschitschi schreiben.
Namibia - einst deutsche Musterkolonie - da können heutige dt. Manager von Kaiser Wilhelm was lernen: sogar die Bremer Stadmusikanten waren schon hier.
Köstlich ist die althergebrachte Frankophilie, noch aus der Zeit als die Welt nicht angelsächsisch kolonisiert war. Dabei täten die Franzosen gut daran, ihre elend umständliche Orthographie und ihre Akzentwirtschaft zu osmanisieren: überall stösst man auf leichtverständliche und gut aussprechbare Reste der französischen Sprache: asensör = ascenseur (Lift), kuaför = coiffeur, şarküterie = charcuterie (Aufschnitt), somon füme = Räucherlachs, und – besonders kurz und klar, verglichen mit dem franz. Vorbild – gişe = guichet (Schalter).
Besonders herzig: ein Termin bei einer Behörde ist ein randevu = rendez-vous, im echt französischen Wortsinne: Für einen Deutschsprachigen klingen die „rendez-vous“ der Franzosen mit dem Zahnarzt, dem Frisör oder mit dem Steueramt leicht befremdlich, da dem Begriff noch immer die Bedeutung des trauten Beisammenseins mit einem potenziellen Liebespartner konnotiert. … Das Stelldichein wird erweitert als „rendez-vous galant“ bezeichnet. Rendezvous wird in Frankreich auch als „einen Termin haben“ verstanden. (Wikipedia)
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Weniger gelungen scheint mir das “i” ohne Punkt, “ı“. Bisher konnte mir keiner, schon gar kein Lehrbuch, auch nur andeutungsweise sagen, wie das auszusprechen sei, es wird so irgendwie verschluckt und das was doch noch hörbar übrigbleibt, klingt jedesmal völlig anders. Schweizer haben besonders Mühe damit, denn sie sind per definitionem Tüpflischiisser. Einem i ohne Punkt fehlt der wortwörtliche i-Punkt, das ist ja gerade das Wesen eines i, dass es einen Punkt hat, der nach ihm heisst. Kurzum, ein i ohne Punkt ist wie ein Butterbrot ohne Butter.
Das “i” mit Punkt (wie in İstanbul) wird übrigens ganz normal ausgesprochen. Das punktlose scheint aber das wichtigere zu sein, denn auf der Schreibmaschinentastatur kommt es defaultmässig.
Ausgleichende Gerechtigkeit: dafür wird auch das grosse I mit i-Punkt geschrieben
Eine weitere Schrulle, die wohl aus einem unnötigen Schnörkel der alten Schreibschrift herrührt, ist das G mit einem sogenannten Breve darüber: Ğ – es wird überhaupt nicht ausgesprochen, also wie das H (muet) in Frankreich. Im Türkischen verlängert es bestenfalls den vorangehenden Vokal ein klein wenig. Mein Freund Oğuz spricht sich dann oos, fertig.
Der Name des von gar so vielen geliebten Staatschefs wird korrekt (ausser in westlichen Zeitungen mit ungebildeten Schriftsetzern) Erdoğan geschrieben – und folglich erdoaan gesprochen.
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